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13.11.2021

Zentrumsentwicklung Riethüsli: Bevölkerung soll mitreden

Neuüberbauung oder Renovation: Dem Quartier wird eine Mitsprache eingeräumt.

Erich Gmünder

Wie steht es um die Pläne der Stadt mit den Liegenschaften im Quartierzentrum? Am Neujahrsapéro des Quartiervereins am 14. Januar 2022 soll die Bevölkerung erstmals breit informiert und zur Mitarbeit eingeladen werden.

Als vor einem Jahr durch eine Anfrage beim Stadtmelder bekannt wurde, dass den Liegenschaften  im Zentrum (vom Café mit Postagentur Schwyter bis Spezialitätengeschäft Folino) der Abbruch droht, gab es im Quartier Aufruhr: Die identitätsstiftende Bedeutung der Häuserzeile wurde betont und ein allfälliger Verlust bedauert.

Über das künftige Schicksal der Häuserzeile und der Umgebung soll nun im Rahmen eines Projekt- und Investorenwettbewerbs entschieden werden. Auch das Quartier ist zur Mitsprache eingeladen, erstmals an einer öffentlichen Information anlässlich des Neujahrsapéros des Quartiervereins am 14. Januar 2022. Dabei sein wird neben den Projektverantwortlichen auch der zuständige Stadtrat Markus Buschor.

Bevölkerung soll mitreden können

„Für die Zentrumsentwicklung Riethüsli ist vorgesehen, einen Projekt- und Investorenwettbewerb auszuschreiben. Ziel ist es, in diesem kombinierten Verfahren gleichzeitig eine Investorin für die Realisierung und einen qualitativ hochwertigen Architekturbeitrag zu finden. Damit auch das Quartier aktiv bei der Zentrumsentwicklung einbezogen wird, ist vorgesehen, dass ein Mitglied des Quartiervereins Einsatz in der Jury des Projekt- und Investorenwettbewerbs nimmt.“

Soweit die Information, welche die Stadt dem Vorstand des QV zukommen liess. Am 3. November wurde es konkreter: Der Vorstand wurde von Yvonne Bischof, Leiterin Dienststelle Liegenschaften, und Irene Schütz, Projektleiterin Stadtplanung, im Detail über das geplante Vorgehen der Stadt informiert und eingeladen, ein Mitglied für den Einsitz in der Jury zu bestimmen. Auch die Bevölkerung soll einbezogen werden soll. Der Anlass findet anlässlich des Neujahrsapéros statt – sinnigerweise im alten Postgebäude gleich vis-à-vis der Zentrumsliegenschaften statt. 

Welche Gebäude betroffen sind – und welche nicht

Der Perimeter umfasst die beiden Geschäftsliegenschaften an der Teufener Strasse mit den rückwärtigen Bauten sowie die Busendhaltestelle Demutstrasse und die Umgebung der Bahnstation. Bemühungen, angrenzende Liegenschaften im Privatbesitz ebenfalls einzubeziehen, scheiterten an den unterschiedlichen Interessen.

Auch die ursprünglich vorgesehene Option, das Postgebäude vis-à-vis zu integrieren, musste aufgegeben werden, da dieses in der Zone für öffentliche Bauten (ZöBa) liegt, und somit weder ein Restaurant noch ein Ladengeschäft erlaubt ist. Das Postgebäude ist via die Heizungsanlage mit dem Schulhaus verbunden; das erschwert eine Zwischennutzung, da nach dem Abbruch der Schulliegenschaften das Gebäude nicht mehr beheizt werden kann. Es wird zurzeit als Stützpunkt für den Strassenunterhalt sowie als Lager gebraucht. 

Wichtige Rahmenbedingungen

Das Projekt für eine Zentrumsentwicklung wurde bereits 2017 mit einer Machbarkeitsstudie angestossen. Anschliessend wurden die Rahmenbedingungen festgelegt. Einerseits soll der Quartiercharakter erhalten bleiben, anderseits sind laut Yvonne Bischof, Leiterin Dienststelle Liegenschaften der Stadt St. Gallen, grössere Detailhandelsunternehmen sehr interessiert, hier einen Laden zu betreiben. Deshalb werden die Vorgaben der Detailhandelsunternehmen in die Rahmenbedingungen der Zentrumsentwicklung integriert. Die Machbarkeitsstudie zur Zentrumsentwicklung wurde im Sachverständigenrat der Stadt St. Gallen diskutiert und beurteilt. Die Grundsatzfrage laute dabei: Neuüberbauung oder Renovation mit Erweiterung. 

Ein Mix von Geschäften und Wohnungen

Der Quartiercharakter soll auf jeden Fall erhalten werden. In den Erdgeschossen sind „publikumsbezogene Nutzungen zur Stärkung des Zentrumscharakters“ geplant. Die Lärmschutzthematik an der stark befahrenen Teufener Strasse soll in der Siedlungs- und Grundrissstruktur berücksichtigt werden (keine abweisenden Fassaden zum öffentlichen Raum).

In den oberen Stockwerken sollen durchmischte, innovative Wohnformen entstehen, für unterschiedliche Haushaltsformen, mit Berücksichtigung der Bedürfnisse von Familien. Die Wohnlage sei speziell für Familien geeignet, und deshalb sollen auch Wohnungsgrössen mit mehr als den üblichen 4,5 Zimmern angeboten werden. Der Standort verspreche ein attraktives Wohnumfeld mit einfacher Zugänglichkeit, Nutzungsvielfalt und Grünstrukturen.

Auch der Freiraum soll entsprechend gestaltet werden und eine hohe Qualität aufweisen, inklusive ökologischer Aspekte, Biodiversität und geringem Versiegelungsgrad. Die Tiefgarage soll deshalb mit genügend Erdreich überdeckt werden. Auch bei der Bauweise soll auf Nachhaltigkeit geachtet werden, im Sinne eines „ökologischen Beitrags für den Stadtraum und insbesondere das Stadtklima“.

Die Liegenschaften sollen von der Rückseite via Riethüslistrasse erschlossen werden; die Parkierung soll möglichst in der Tiefgarage erfolgen.

Wie geht es weiter?

Das Verfahren ist als Projekt- und Investorenwettbewerb aufgegleist. Das heisst, je ein Team, bestehend aus Architekt/in und Investor/in reicht ein Projekt zusammen mit einem Angebot für das Bauland ein. Dieses wird von der Stadt im Baurecht abgegeben. Vorgängig werden in der sogenannten Präqualifikationsphase Referenzen eingeholt und aufgrund dessen 10-15 Teams eingeladen, ein kombiniertes Projekt einzureichen.

Anschliessend entscheidet das Preisgericht über den Projektzuschlag. Danach ist die Bühne frei für Vertragsverhandlungen. Die Vertragsbewilligung unterliegt letztlich dem Stadtparlament. Darauf wird ein Vorprojekt erarbeitet und schliesslich gelangt das konkrete Bauprojekt zur Ausführung.  

Das Preisgericht setzt sich aus Sachpreisrichterinnen und -richtern der Auftraggeberin, Fachpreisrichterinnen und -richtern (Architektinnen und Architekten) sowie Vertretungen des Quartiervereins und eines Detailhandelsunternehmens zusammen.

Ambitionierter Zeitplan

2. Quartal 2021: Verpflichtungskredit für Investorenwettbewerb (erfolgt)

November 2021: Rahmenbedingungsbericht

1. Quartal 2022: Wettbewerbsprogramm., Ausschreibung Wettbewerb

2. Quartal 2022: Präqualifikation (10 – 15 Bietergemeinschaften)

4. Quartal 2022 Jurierung Projekte

Ab 2023: Baurechtsvertrag, SNP, Bauprojekt

Viele Fragen offen – Wünsche abholen

Bereits an der Sitzung des Vorstandes wurde bei einzelnen Voten deutlich, dass die geplante Zentrumsüberbauung im Quartier Fragen aufwirft. So bezüglich Weiterexistenz der beiden Quartierläden Café und Postagentur Schwyter und dem italienischen Spezialitätengeschäft Folino, aber auch bezüglich der Mietwohnungen. Dazu wurde von den Verantwortlichen ausgeführt, dass mit allen Mietern frühzeitig eine Lösung oder Anschlusslösung gesucht wird.

Die Stadt will im Rahmen ihrer Partizipationskultur die Anliegen aus dem Quartier aufnehmen, Wünsche abholen und schauen, wie diese umgesetzt werden können, sagte dazu Yvonne Bischof. Dies einerseits durch den Einsitz einer Vertretung im Preisgericht. Anderseits durch die breite Information der Quartierbevölkerung am Neujahrsapéro des Quartiervereins am 14. Januar im alten Postgebäude. Dieser beginnt um 19 Uhr (Saalöffnung, mit Zertifikat, ab 1830 Uhr; detaillierte Informationen und die Einladung finden Sie in der Quartierzeitung Mitte Dezember).

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3 Kommentare

  1. Kuster Marianne

    22.01.2022 / 23:24 Uhr

    Erwähnt wurde der Zugang zu den neuen Wohnobjekten von der Riethüslistrasse her. Ich finde bedauernswert, dass Raum auf der ruhigeren rückwärtigen Hausseite Hauseingang und Treppenaufgängen geopfert werden soll, anstatt hier wohnenswerten Raum auszubauen und dafür die verkehrsreichere Seite auf der Teufenerstrasse für Eingänge/Treppen zu brauchen.

    Antworten

  2. Doro Anderegg

    12.01.2022 / 14:55 Uhr

    Aus Sicht der Lebensqualität muss diese Häuserzeile zwingend bestehen bleiben. Das von der Verkehrsachse geprägte Gebiet kann nur mit dem jetzigen, historischen Charakter so etwas wie "Charme" entwickeln. Lädeli, Bäckerei, Café, alles in Kombination mit kleinen Anbauten im hinteren Teil des Gebäudes Talhof denkbar; die leere Post zum Lädeli umwandeln. So kann Riethüsli "leben" statt nur "neuwertig sein"!
    DANKE an alle, die sich dafür einsetzen.

    Antworten

  3. Egidio Mombelli (Ur-Riethüsler !)

    24.11.2021 / 10:55 Uhr

    Hände weg !!!! Es soll bleiben wie es ist,
    Neubau nichts anderes als unnötige Immobilienspekulation

    Antworten

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